
Oldtimerfotografie ist immer eine besondere Herausforderung – und ein BMW 315 aus dem Jahr 1936 bietet als Motiv eine seltene Gelegenheit, automobile Geschichte im Detail festzuhalten. In diesem Erfahrungsbericht möchte ich schildern, wie ich mit vergleichsweise einfacher Ausrüstung, nämlich einem Canon Systemblitz statt mobiler Studioblitze, und mit einer klaren fotografischen Strategie zu professionellen Ergebnissen gekommen bin. Gleichzeitig will ich zeigen, dass auch ohne High-End-Lichttechnik durchdachte Fotografie und Nachbearbeitung zu überzeugenden Ergebnissen führen können.
Die Ausgangslage: Der BMW 315
Der BMW 315, Baujahr 1936, ist nicht nur ein seltener, sondern auch ein faszinierender Oldtimer. Mit seiner klaren, klassischen Linienführung, dem markanten Kühlergrill und den liebevoll gestalteten Details bietet er ein Traum-Motiv für Fotografen, die Wert auf Ästhetik und Authentizität legen. Gerade die polierten Chromteile, die Rundungen der Karosserie und die stoffbespannte Dachkonstruktion sind fototechnisch anspruchsvoll – insbesondere, wenn man auf natürlich wirkende Lichtstimmung und maximale Detailgenauigkeit Wert legt.
Die fotografische Planung

Mir war von Anfang an klar, dass ich mit vorhandenen Mitteln arbeiten muss: Mobile Studioblitze, wie sie bei professionellen Automobil-Shootings üblich sind, standen mir zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung. Stattdessen griff ich auf meinen zuverlässigen Canon Systemblitz zurück. Dieser ist zwar in erster Linie für den Einsatz „on camera“ oder als entfesselter Blitz bei Portraits konzipiert, bietet aber – geschickt eingesetzt – auch für das Ausleuchten von großen Motiven wie einem Oldtimer erstaunlich viele Möglichkeiten.
Wichtig war mir, trotz der limitierten Blitzleistung ein gleichmäßiges, weiches Licht zu erzeugen. Der Trick dabei: Der Wagen wurde nicht in einer einzigen Aufnahme komplett ausgeleuchtet, sondern in vielen Einzelbildern segmentweise abgelichtet. So konnte ich nach und nach alle Bereiche des Autos optimal ausleuchten und später am Rechner zu einem finalen Gesamtbild zusammensetzen.
Das Setup: Kamera, Objektiv und Zubehör
Für das Shooting habe ich auf folgende Ausrüstung gesetzt:
- Kamera: Canon 5D Mk III, verbunden per Tethered Shooting mit einem MacBook Pro
- Objektiv: Canon 70-200mm f/2.8 II USM, Brennweite 140mm (Zoom eingestellt auf den für das Fahrzeug passenden Ausschnitt)
- Stativ: Novoflex, bekannt für seine Stabilität und Präzision
- Lichtquelle: Canon Speedlite (Systemblitz), manuell ausgelöst und jeweils an verschiedenen Positionen rund um das Fahrzeug platziert
- Weiteres Zubehör: Tether-Kabel, Reflektor, Fernauslöser, ggf. kleine Diffusoren
Die Kameraeinstellungen: Bewusst gewählte Parameter
Die Kamera war fix auf das Stativ montiert, alle Einstellungen wurden vor dem eigentlichen Shooting exakt festgelegt:
- Blende: f/8 – ein guter Kompromiss zwischen Schärfentiefe und Lichtausbeute, ideal für detailreiche Aufnahmen von Fahrzeugen
- Belichtungszeit: 1/100 Sekunde – ausreichend kurz, um Bewegungsunschärfen zu vermeiden, aber lang genug, um den Blitz effizient einzusetzen
- ISO: 100 – niedriges Rauschlevel, maximale Detailtreue
- Brennweite: 140mm – genug „Abstand“ für eine leicht komprimierte Perspektive, die Verzerrungen an den Karosserie-Kanten minimiert
- Fokus: Manueller Fokus auf die Achse des Wagens, einmal exakt eingestellt und für das gesamte Shooting nicht mehr verändert
Der Workflow: Einzelbelichtung statt Komplettausleuchtung

Da ich mit nur einem Systemblitz gearbeitet habe, wurde das Auto nicht in einer einzigen Aufnahme vollständig ausgeleuchtet, wie es mit Studioblitzen und großflächigen Softboxen möglich wäre. Stattdessen habe ich das Fahrzeug in einzelnen Segmenten abgelichtet: Die Motorhaube, die Seiten, die Radkästen, das Heck, den Innenraum und nicht zuletzt Details wie Scheinwerfer, Kühlergrill und Felgen.
Für jedes Einzelbild wurde der Blitz an eine neue Position gebracht – mal direkt auf die Karosserie gerichtet, mal über einen Reflektor indirekt ins Bild gelenkt, um Reflexionen zu vermeiden und das Licht weicher zu machen. Nach jedem Foto wanderte ich mit dem Blitz um das Fahrzeug, teilweise mit kleinen Diffusoren vor dem Blitz, um Hotspots zu vermeiden. So entstand am Ende eine ganze Serie von etwa 30–40 Einzelbildern, die später in der Bildbearbeitung zu einem Gesamtbild zusammengefügt wurden.
Das Tethered Shooting: Kontrolle und Effizienz
Ein großer Vorteil beim Fotografieren war die Möglichkeit, direkt ins MacBook Pro zu shooten. Dank Tethered Shooting (also der kabelgebundenen Verbindung zwischen Kamera und Laptop) erschienen die Fotos unmittelbar nach der Aufnahme in Adobe Lightroom. Das ermöglichte eine direkte Kontrolle über Schärfe, Belichtung, Ausleuchtung und Komposition. Fehler bei der Ausleuchtung oder störende Reflexe konnten sofort erkannt und im nächsten Bild korrigiert werden. So wurde der Workflow insgesamt deutlich effizienter und stressfreier.
Die Rolle von Lightroom: Bildbearbeitung und Compositing

Nach Abschluss der Aufnahmen begann die eigentliche „Magie“ am Rechner. Alle Einzelbilder wurden in Lightroom importiert, wo zunächst grundlegende Anpassungen an Weißabgleich, Kontrast und Belichtung vorgenommen wurden. Anschließend erfolgte das eigentliche Compositing: In Photoshop wurden die verschiedenen Bilder als Ebenen übereinandergelegt. Mit Hilfe von Ebenenmasken und weichen Pinseln habe ich aus jedem Bild nur die optimal ausgeleuchteten Bereiche übernommen, bis am Ende ein harmonisch und gleichmäßig ausgeleuchtetes Gesamtbild entstand.
Gerade bei Oldtimern ist es entscheidend, Lichtreflexe und Glanzlichter zu kontrollieren, ohne den Charakter des Fahrzeugs zu verlieren. Der Chrom soll glänzen, aber nicht ausbrennen, Lackflächen dürfen Tiefe zeigen, aber nicht matt wirken. Hier zahlt sich der Aufwand des segmentweisen Ausleuchtens besonders aus: Jeder Bereich kann individuell optimiert werden, was mit einer einzigen Aufnahme fast unmöglich wäre.
Die Herausforderung: Glanz, Chrom und Schatten
Eine der größten Herausforderungen beim Fotografieren von Oldtimern – und insbesondere von Vorkriegsfahrzeugen wie dem BMW 315 – ist der Umgang mit spiegelnden und hochglänzenden Flächen. Chromteile reflektieren nicht nur das Blitzlicht, sondern auch alles, was sich im Umfeld befindet. Mit Systemblitz muss man besonders sorgfältig arbeiten, um unerwünschte Spiegelungen oder harte Schatten zu vermeiden.
In manchen Bereichen habe ich den Blitz indirekt über die Decke oder einen großen Reflektor gelenkt, um das Licht zu streuen. Bei Details wie den Scheinwerfern habe ich die Blitzleistung reduziert, damit feine Strukturen nicht überstrahlt werden. Geduld und Ausprobieren waren hier gefragt: Immer wieder kleine Licht-Setups verändern, kontrollieren, auslösen – und von vorne. Die digitale Sofortkontrolle per Tethering war dabei Gold wert.
Der finale Look: Authentizität und Perfektion

Das Ziel meiner Arbeit war es, den BMW 315 nicht künstlich zu überhöhen, sondern seine Originalität und Geschichte sichtbar zu machen. Die Patina, die kleinen Gebrauchsspuren, der Glanz des Lacks, die Stoffstruktur des Daches – all das sollte sichtbar bleiben. Durch das gezielte Ausleuchten und das anschließende Compositing konnte ich einen Bildlook erzeugen, der sowohl technisch perfekt als auch authentisch und ehrlich wirkt.
Die Kombination aus systematischem Arbeiten vor Ort, sorgfältiger Nachbearbeitung und einem geschulten Blick für Details hat es ermöglicht, mit vergleichsweise einfacher Ausrüstung professionelle Resultate zu erzielen.
Mut zur Improvisation und Sorgfalt beim Detail
Rückblickend kann ich sagen, dass das Fotografieren des BMW 315 aus dem Jahr 1936 mit einem Systemblitz eine echte Herausforderung war, aber auch eine wertvolle Erfahrung. Es braucht etwas mehr Zeit und Geduld als mit mobilen Studioblitzen, doch die Ergebnisse sprechen für sich. Man lernt, das Licht bewusster zu setzen, die Umgebung stärker einzubeziehen und jedes einzelne Bild zu kontrollieren.
Die Kombination aus einer soliden technischen Basis (Stativ, gutes Objektiv, manuelle Einstellungen), einer durchdachten Arbeitsweise (segmentiertes Ausleuchten) und moderner Bildbearbeitung macht es möglich, auch mit einfachen Mitteln eindrucksvolle Fotos von automobilen Klassikern zu erstellen.
Wer Spaß an der Fotografie und Liebe zum Detail hat, wird in solchen Projekten nicht nur großartige Bilder, sondern auch viel Freude und Zufriedenheit finden.