
Fotografie ist seit jeher eine Kunstform, die Menschen bewegt, inspiriert und zum Nachdenken anregt. Für viele von uns ist die Präsentation der eigenen Werke ebenso wichtig wie das Fotografieren selbst. Doch immer wieder steht man als Fotograf*in vor derselben Frage: Wie präsentiere ich meine Bilder so, dass sie die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen – und zwar auf eine wirklich neue Art?
Mir war schon lange klar: Normale Online-Galerien sind mir zu langweilig. Sie erfüllen ihren Zweck – ja, aber sie sehen sich alle erschreckend ähnlich. Raster aus Thumbnails, auf Klick ein größeres Bild, vielleicht ein kurzer Beschreibungstext, eventuell ein minimalistisches Design. Klar, das funktioniert. Aber in einer Zeit, in der die digitale Welt so viele Möglichkeiten bietet, fand ich diesen Weg einfach nicht mehr zeitgemäß oder inspirierend genug.
Der Drang nach etwas Neuem
Die Idee zu meiner Galerie kam mir, als ich selbst durch verschiedene Fotografie-Portale klickte. Egal ob bekannte Fotografen oder Newcomer – die Galerien unterschieden sich meist nur im Detail. Ein paar Buttons hier, ein anderer Font dort, vielleicht noch eine Slideshow. Doch die eigentliche Interaktion mit der Kunst blieb passiv. Der Nutzer klickt, schaut und klickt weiter.
Was wäre aber, dachte ich mir, wenn man durch eine Galerie wirklich laufen könnte? So wie man es in der realen Welt tut, wenn man ein Museum oder eine Ausstellung besucht. Und warum sollte das im digitalen Raum nicht möglich sein? Schließlich verbringen viele von uns Stunden in virtuellen Welten von Computerspielen oder Simulationen – warum also nicht dieses Erlebnis mit der Kunst der Fotografie kombinieren?
Inspiration aus der Gaming-Welt
Ich bin selbst ein Fan von Videospielen und virtuellen 3D-Welten. Gerade in Open-World-Games oder immersiven Umgebungen erlebe ich oft, wie sehr das Eintauchen in eine virtuelle Welt meine Wahrnehmung verändert. Die Interaktivität, die Möglichkeit, sich umzusehen, Details zu entdecken, Atmosphäre zu spüren – all das fehlt mir bei den üblichen, statischen Online-Galerien komplett.
So entstand die Vision: Eine Fotogalerie, durch die man laufen kann. Ein digitaler Raum, der sich öffnet und die Besucherinnen nicht nur als Betrachter, sondern als Entdeckerinnen anspricht. Eine Galerie, die einen Hauch von Abenteuer vermittelt, die Lust macht, länger zu verweilen, zu stöbern, sich umzusehen.
Die Umsetzung: Von der Idee zur Realität
Natürlich stellte sich sofort die Frage nach der Umsetzung. Mein Anspruch war hoch: Es sollte nicht einfach irgendein virtueller Rundgang werden, wie man ihn von Immobilien-Exposés kennt. Ich wollte die volle Kontrolle über das Design, die Atmosphäre und vor allem die Inszenierung meiner Bilder behalten.
Der Weg dahin war technisch anspruchsvoll und kreativ extrem erfüllend. Hier mein Vorgehen:
1. Design und Modellierung in Blender
Zuerst musste ich einen Raum entwerfen, der nicht nur funktional, sondern auch ästhetisch spannend ist. Ich entschied mich für Blender, weil es als Open-Source-3D-Software unglaublich flexibel ist und mir als Designerin/Designer alle Freiheiten bietet.
Statt einfach rechteckige Räume zu bauen, experimentierte ich mit Formen, Perspektiven und Licht. Jedes Bildelement, jede Wand, jeder Raumwinkel wurde bewusst gestaltet. Ich überlegte, wie eine Besucherin sich durch meine Galerie bewegen würde, wie der Blick gelenkt werden kann, wo Ruhepunkte entstehen, wo Spannung.
2. Integration meiner Fotografien
Der wichtigste Schritt war natürlich das Einbringen meiner Werke. Hierbei ging ich ganz klassisch vor: Ich „hängte“ meine Fotos als gerahmte Bilder an die virtuellen Wände. Allerdings reicht es im 3D-Raum nicht, einfach ein Bild irgendwo hinzupappen. Licht und Schatten spielen eine riesige Rolle dabei, wie Bilder wirken.
3. Ausleuchtung und Lightmapping
Hier kam der wohl aufwändigste Teil des Prozesses: das Ausleuchten. In der Realität würde ich in einer Galerie vermutlich Spots oder Wandstrahler gezielt auf meine Werke richten, um sie optimal zu inszenieren. Genau das habe ich im digitalen Raum simuliert.
In Blender platzierte ich verschiedene Lichtquellen, probierte mit unterschiedlichen Lichtfarben, Intensitäten und Winkeln herum, bis jedes Bild so beleuchtet war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Anschließend kam das sogenannte Lightmapping zum Einsatz. Dabei wird die Licht- und Schattenwirkung fest als Textur auf die 3D-Modelle „gebacken“. Das Resultat: Die fertige Galerie wirkt realistisch, die Bilder heben sich plastisch hervor, und die Räume bekommen eine fast greifbare Atmosphäre.
4. Interaktive Programmierung mit KRpano
Das fertige 3D-Modell musste nun „erlebbar“ gemacht werden. Nach einiger Recherche stieß ich auf KRpano – eine leistungsstarke Software, die ursprünglich für Panorama- und Virtual-Reality-Anwendungen entwickelt wurde, aber unglaublich flexibel ist.
Mit KRpano konnte ich den Galerieraum als interaktive Umgebung exportieren. Die Besucher*innen können sich darin mit Maus und Tastatur frei bewegen, heranzoomen, sich drehen und selbst entscheiden, welchem Bild sie sich wie lange widmen wollen. Klickt man ein Bild an, öffnet sich eine größere Ansicht, teils mit Zusatzinfos oder Making-ofs. Ich habe sogar an kleine Details gedacht – etwa an dezente Soundeffekte beim Betreten eines Raumes oder beim Näherkommen an ein Bild.
Der Unterschied: Warum meine Galerie mehr ist als nur eine Ausstellung
Worin unterscheidet sich meine Galerie nun von anderen digitalen Präsentationen?
- Echtes Raumgefühl: Die Nutzer*innen „bewegen“ sich selbstständig durch die Ausstellung, steuern ihren Blickwinkel, ihre Position, ihr Tempo. Das sorgt für ein individuelles Erleben, ähnlich wie in einem echten Museum.
- Atmosphäre statt Oberfläche: Durch Licht und Raumwirkung entsteht eine Stimmung, die weit über das reine Anschauen von Bildern hinausgeht. Die Galerie wirkt wie ein Ort mit Charakter und lädt zum Verweilen ein.
- Interaktive Entdeckung: Besucherinnen werden zu Entdeckerinnen. Sie können Details suchen, sich versteckte Informationen anzeigen lassen, teils sogar in geheime Räume oder alternative Ansichten wechseln.
- Persönliche Handschrift: Jeder Aspekt – von der Architektur bis zur Ausleuchtung – stammt aus meiner eigenen Feder. Es ist keine „Template-Galerie“, sondern ein Unikat, das meine ästhetische Vision widerspiegelt.
Technische Herausforderungen und Learnings
Der Weg dahin war nicht immer einfach. Blender kann, gerade beim Thema Lightmapping, einiges an Geduld verlangen. Auch die Optimierung für verschiedene Endgeräte und Browser war eine Herausforderung. Nicht jeder Besucherin hat einen High-End-PC, deshalb war es mir wichtig, ein Gleichgewicht zwischen Grafikqualität und Performance zu finden.
KRpano war ebenfalls eine kleine Herausforderung, da es viele Möglichkeiten, aber auch eine gewisse Einarbeitung verlangt. Skripting, Hotspots, Soundintegration – alles musste ausprobiert und oft mehrmals angepasst werden.
Doch gerade in diesen Herausforderungen lag der Reiz. Ich habe enorm viel über 3D-Design, Lichtführung, Texturierung und interaktive Programmierung gelernt. Und ich habe gemerkt, wie sehr es sich lohnt, bei einer kreativen Vision nicht gleich aufzugeben, sondern neue Wege zu gehen.
Feedback und Ausblick
Die Resonanz auf meine Galerie war bisher durchweg positiv. Viele Besucher*innen berichten, dass sie viel länger in der Galerie verweilen als auf normalen Portfolio-Seiten. Sie fühlen sich „eingeladen“, entdecken mehr, tauchen tiefer ein – und nehmen dadurch auch meine Fotografie auf eine ganz neue Art wahr.
Ich selbst habe inzwischen zahlreiche Ideen, wie ich das Konzept weiterentwickeln könnte:
- Integration von VR-Brillen für ein noch immersiveres Erlebnis
- Wechselnde Ausstellungen oder Themenräume
- Multimedia-Elemente wie Video-Installationen oder interaktive Klanglandschaften
- Kooperationen mit anderen Künstler*innen, die ihre Werke in mein virtuelles Gebäude „einhängen“ können
Die Möglichkeiten sind grenzenlos. Und das ist für mich der größte Gewinn dieses Projekts: Ich habe nicht nur meine Fotografie neu präsentiert, sondern auch eine neue Spielfläche für Kreativität geschaffen.
Mit meiner eigenen 3D-Fotogalerie habe ich gezeigt, dass digitale Ausstellungen mehr sein können als das Aneinanderreihen von Bildern. Sie können zum Erlebnis werden, zum Abenteuer, zur Einladung, Fotografie wirklich zu erleben statt nur anzusehen.
Für alle, die neugierig geworden sind: Traut euch, Neues zu probieren! Es lohnt sich. Nicht nur für die Besucher*innen, sondern auch für einen selbst als Kreativschaffenden.